In der 2006 und 2007 in Villen Andrea Palladios, sowie einigen Bauwerken in der Schweiz aufgeführten „Musikalische Begegnungen mit der Architektur“ wird die Architektur selbst auf die Bühne geholt. Im Zentrum steht bei diesem Projekt das gegenseitige schöpferische Potential von Musik und Architektur. Ziel ist es, Musik zu schaffen, die nicht einfach konzertant in einem dafür geeigneten Raum stattfindet, sondern mit ihrem jeweiligen Aufführungsort in starker Verbindung steht. Da spielen die Geschichte des Ortes und unser Bewußtsein für diese eine Rolle. Und natürlich alle mit unseren Sinnen vor Ort wahrnehmbaren Aspekte des Raumes selbst. Unter anderem werden Ort, Ortung und Richtung (Gerichtetheit) der Schallquelle wichtig. Die Räume werden sowohl durch ihre Grundtönigkeit, als auch durch ihre Verknüpfung untereinander zu Mitmusikern. Ebenso lassen sie Ein- und Ausblicke (dabei falsche und echte) mitspielen. Erst indem wir uns bewegen, können wir Architektur wahrnehmen und mit dem Raum tatsächlich interagieren. Für die Musik bedeutet das hier, daß auch die Komposition sich erst über des Einbeziehen der sich ständig verändernden räumlichen Konstellationen von Schallquellen und Wahrnehmenden erschließt. Das Erarbeiten des musikalischen Materials enthält hier ausnahmsweise eine (architektur-) theoretische Seite – auch wenn der Zuhörer und Zuschauer letztendlich in erster Linie ein sinnliches Erlebnis erfährt. Wo befruchten sich Musik und Architektur, theoretisch und praktisch? Wie stark prägt der akustische Charakter eines Raumes dessen Gesamtbild? Fragen, die nicht neu sind, haben sich doch – ausgehend von den griechischen Naturphilosophen - nach Vitruv auch Leon Battista Alberti oder eben Andrea Palladio mit musikalischen Proportionen sowie harmonischen Verhältnissen in Bezug auf den architektonischen Entwurf befaßt. Umgekehrt ist diese musikalische Auseinandersetzung mit dem architektonischen Charakter eines Bauwerkes theoretisch mit jedem Bauwerk möglich. Jedoch bietet sich die Architektur des Renaissancearchitekten Palladios mit ihren expliziten theoretischen und praktischen Bezügen zu den musikalischen Proportionen besonders an. Durch das Bewegen der Musiker im Raum, ändert sich laufend der akustische Kontext – sowohl für das Publikum als auch für die Musiker. Die musikalischen Aussagen sind also einem steten Wandel unterzogen. Eine Geschichte verhändert sich, wenn der Standpunkt und damit der Kontext des Erzählers sich verändert. Die Geschichte beleuchtet das Umfeld in der sie erzählt wird und die Geschichte wird durch die Bühne und den Adressaten erst fassbar. Die architektonischen Protagonisten sind hier zum Beispiel Achsen, die das Gebäude nach innen und aussen verankern, aber auch Masse und Proportionen und die genaue Abfolge der Räume und ihren sich wandelnden Dimensionen. Hinzu kommen echte und falsche Aus- oder Einblicke, also geführte Ausblicke oder Fresken mit optischen Täuschungen. Derweil finden sich unter den musikalischen und szenographischen Akteuren die nicht ortgebundenen Musikinstrumente, wie Violine, Trompete oder Saxophon. Schlussendlich bietet die Elektroakustik zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Musikern und dem Raum.